Andacht zum Monatsspruch - April 2015

Wahrlich, dieser ist Gottes Sohn gewesen!

(Matthäus 27,54)

Hat ein Mann viel Schlimmes gesehen oder gar erlebt, dann kann man andere

sagen hören: „Den kann nichts mehr erschüttern“ Ein Hauptmann zur Zeit Jesu

hatte sicher schon viel Leid und Elend gesehen und viel Schreckliches erlebt,

vielleicht sogar selbst verursacht. Die Kreuzigung gehörte damals als Todesstrafe

in vielen Fällen dazu. Von dem bekannten Feldhauptmann Varus, der im Jahr 9 im Teutoburger Wald den Germanen unterlag, wird berichtet, dass er einmal 2000 Menschen mit der Kreuzigung bestrafte. Die Kreuzigung war also ein ganz übliches Verfahren, um Menschen hinzurichten. Die Kreuzigung ist eine der schlimmsten Todesstrafen, die sich die Menschen ausgedacht haben. Furchtbares Leiden geht einher mit langen Qualen. Hängt jemand am Kreuz, dann ist sein Körper geschunden von

Schlägen, die ihm vorher zugefügt wurden durch Peitschen oder Geiseln, die mit

Eisenteilen, Dornen oder Glasscherben bestückt waren. Dann sitzen in seinen

Wunden viele Fliegen. Und die kann der Gekreuzigte ebenso wenig vertreiben

wie er sich vor Schmerzen krümmen kann, weil seine Hände und Füße am Holz

befestigt sind. Langsam und qualvoll stirbt man am Kreuz. Hinzu kommen die

Aussprüche der Schaulustigen, die dem Gekreuzigten in der Seele schmerzen.

All das hat ein römischer Hauptmann immer wieder erlebt. Auch jener Hauptmann

der bei der Kreuzigung Jesu dabei war. Er war ganz gewiss kein Neuling.

Es bestand schließlich die Gefahr, dass an diesem Karfreitag ein neuer Tumult

entstehen könnte zwischen den römischen Besatzern und den Juden. Nur die

erfahrensten Hauptmänner durften Dienst tun. Ausgerechnet von diesem

Hauptmann lesen wir die Worte unseres Monatsspruches: Als aber der

Hauptmann und die mit ihm waren das Erdbeben sahen, erschraken sie sehr

und sprachen: „Wahrlich dieser ist Gottes Sohn gewesen“

Ausgerechnet ein römischer Staatsdiener wird zum Evangelisten unter dem

Kreuz von Jesus.

Was unterschied die Kreuzigung am Karfreitag von anderen Kreuzigungen, die

er schon mehrfach erlebt hatte? - Es sind die Begleitumstände bei dieser

Kreuzigung Jesus: Die Sonne verfinsterte sich. Das war keine gewöhnliche

Sonnenfinsternis, die nur einen kurzen Augenblick dauerte. Nein sie dauerte drei

Stunden. Das geschah genau zu der Zeit, als der Sohn Gottes für Deine und

meine Schuld starb und damit bezahlte. Der Hauptmann erkannte das. Der

Hauptmann hörte auch das Gebet des Gekreuzigten, den Psalm 22: Mein Gott,

mein Gott, warum hast Du mich verlassen?

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Jesus selbst gibt damit die Auslegung für die Finsternis. Jesus starb in den

tiefsten Tiefen des Todes und musste drei Stunden lang die Ferne Gottes und

seinen Zorn durchleben. Für Dich und für mich! Und dann starb Jesus, nachdem

er noch einmal laut aufgeschrien hatte. Ach das ist ungewöhnlich: Gekreuzigte

sterben normalerweise ganz ganz langsam.

Wir merken: Jesus starb nicht infolge der Gewalt, die man ihm angetan hatte,

oder weil er am Kreuz gequält wurde. Jesus starb nicht, weil die Römer ihn da

dran genagelt hatten, oder weil Pilatus den Befehl dazu gegeben hatte. Nein, an

diesem Aufschrei Jesu wird deutlich: Er gibt selbst sein Leben auf! Er selbst

befiehlt seinem himmlischen Vater seine Seele und seinen Geist. Jesus stirbt

nicht, weil man ihm das Leben nimmt, sondern weil er selbst es gibt. Er gibt

Gott, dem Vater, ein Opfer, sich selbst als Opfer: Für Dich und für mich. Zur

Bezahlung unserer Sündenschuld. Unter dem Kreuz, angesichts eines Erdbebens

und anderer Phänomene, die auf Jesu Sterben folgen, sind es die Fremden, der

römische Hauptmann und die heidnischen Soldaten, die als erste eine Ahnung

davon bekommen, was gerade auf Golgatha geschehen ist. Sie sind ihrer Zeit

damit voraus. Dass der Gekreuzigte Gottes Sohn nicht nur war, sondern dass er

als der Auferstandene immer noch Gottes Sohn ist, können sie am Karfreitag

noch nicht wissen. Vielleicht zeigt sich hier gar eine besondere Bereitschaft zu

glauben, was eigentlich erst am Ostermorgen geglaubt werden kann. Hier erst

wurde die Finsternis wirklich wieder hell, überstrahlt vom Licht des

Ostermorgens, das sich bis in den Himmel erstreckt. Erst in und von diesem

Licht wird das Kreuz so beleuchtet, dass es zum Zeichen der Erlösung wird.

„Wohl dem, der nicht wandelt im Rat der Gottlosen / noch tritt auf den Weg der

Sünder noch sitzt, wo die Spötter sitzen,...“ (Ps 1,1). Der Spott über Jesus und

seinen himmlischen Vater ist schon alt. Das Kreuz selbst scheint Gott zu

verspotten: „Das Wort vom Kreuz ist eine Torheit denen, die verloren werden; uns

aber, die wir selig werden, ist’s eine Gotteskraft“ schreibt Paulus an die Korinther.

Ein Gottessohn am Kreuz ist in den Augen der Welt selbst eine Karikatur. Nur

dass es am Kreuz nicht um Gottes Anspruch geht, sondern um menschliche

Vorstellungen von Gott. Am Kreuz zeigt sich, dass es diese Vorstellungen von

Gott und Gottes Wirklichkeit sind, die auseinander klaffen.

Ganz anders der Hauptmann: Nicht an seiner Rede erkennt er ihn, nicht an

seinen Wundern und nicht erst bei seiner Auferstehung. Sondern hier mitten im

Abgrund des Todes. Den andern hat's die Sprache verschlagen. Genau hier

zwischen Karfreitag und Ostern spricht er ein Wort von Weltbedeutung. Sein

Glaube ist zu unserer Gewissheit geworden und hält damit Ostern und

Karfreitag zusammen. Jesus lebt und ist erfahrbar. Bis heute. Von Dir und von

mir gleichermaßen: Sprich mit ihm darüber im Gebet!