Andacht zum Monatsspruch - April 2014

 Eure Traurigkeit soll in Freude verwandelt werden.

(Johannes 16,20)

Wenn jemand weint, wird mancher unsicher. Was soll ich sagen oder tun? „Das

wird schon wieder“, ist dann oft der hilflose Versuch zu trösten. Oder: „Kopf

hoch!“ Und: „Sei ein Mann.“ Haben wir es verlernt mit Leid umzugehen? Ist uns

die Fähigkeit abhanden gekommen, Gefühle oder vermeintliche Schwäche zu

zeigen?

Auch das Volk Israel hat das "Tal der Tränen" durchschritten. Vor gut

zweieinhalb Tausend Jahren erlebte es die nationale Katastrophe. Das Land

überrollt von der damaligen Supermacht Babylon; der Tempel in Jerusalem, das

zentrale Heiligtum Israels, zerstört und die meisten Leute verschleppt in ein

fremdes Land. Wie sollte es weitergehen? Und vor allem, was war mit der alten

Zusage Gottes, er würde sein Volk beschützen? Hatte Gott Israel verlassen? Und

würden die Israeliten je wieder aus dem Tal der Tränen rauskommen?

Der Prophet Jeremia hatte eine Zusage von Gott: „Ihr sollt wieder in euer Land

zurückkommen und auch der Tempel wird wieder aufgebaut.“ Und so sangen

die Israeliten wohl schon damals: "Die mit Tränen säen, werden mit Freuden

ernten. Sie gehen hin und weinen und streuen ihren Samen und kommen mit

Freuden und bringen ihre Garben." (Ps.126, 5-6). Mit unserem Monatsvers

ausgedrückt: „Eure Traurigkeit soll in Freude verwandelt werden".

Wir weinen in zum Teil ganz gegensätzlichen Gemütslagen: Traurigkeit,

Schmerz, aber auch Freude, Dank und Glück können uns zum Weinen bringen.

Die Bibel kennt nur das traurige, verzweifelte, schmerzvolle oder auch klagende

Weinen. Nirgends erwähnt sie Tränen im Zusammenhang mit glücklichen,

freudigen Ereignissen. Geweint wird in der Bibel «an den Wassern zu Babel» (Ps.137, 1), also fernab der Heimat in der Fremde, voller Verzweiflung angesichts der Unsicherheit, wie es in Zukunft wohl weitergehen wird. Petrus «ging hinaus und weinte bitterlich» (Matth. 26, 75), als ihm mit einem Mal auffiel, wie feige er sich durch seine dreimalige Verleugnung Jesus gegenüber verhalten hatte. Unsagbar schwer lastete nun die Schuld auf ihm. Tränen der Verzweiflung, vielleicht auch der Wut über sich selbst brechen nur so aus ihm heraus.

Maria von Magdala «stand draußen vor dem Grab und weinte» (Joh. 20, 11). Erst zwei Tage war es her, dass sie ihren geliebten Jesus gekreuzigt hatten. Als sie am dritten Tag frühmorgens nun zu seinem Grab kommt, um ihm noch einmal ganz nahe zu sein, ist das Grab leer. Wer sollte das verstehen? Es wird ein Weinen voller Sorgen und Fragen gewesen sein. Marias Tränen erzählen von

unendlicher Traurigkeit über diesen schmerzlichen Verlust.

Oftmals beschreibt die Bibel einen Weg, eine Entwicklung, vom Weinen hin zum

Lachen, von Tränen der Traurigkeit hin zur Freude.

Und Jesus selbst verheißt seinen Jüngern zum Abschied und zugleich auch uns

heute, 2014 hier im Erzgebirge, eine wunderbare Perspektive:«Ihr werdet

weinen und klagen, aber die Welt wird sich freuen; ihr werdet traurig sein, doch eure Traurigkeit soll in Freude verwandelt werden.

Auch die Bergpredigt beschreitet diesen Weg: «Selig seid ihr, die ihr jetzt weint; denn ihr werdet lachen.» (Lukas 6, 22)

Schließlich gibt uns die Bibel noch einen Ratschlag für den Umgang mit

weinenden – und umgekehrt gleichzeitig auch mit fröhlichen – Menschen:

«Freut euch mit den Fröhlichen und weint mit den Weinenden.» (Römer 12, 15)

Das klingt simpel – und trägt doch so viel Wahrheit in sich. Es geht um

Empathie, Mitgefühl, um das Sicheinfühlen. Das Weinen muss zugelassen

werden. Wie schnell sind wir doch geneigt, bei der ersten Träne gleich ein

Taschentuch zu zücken, um damit entweder unserem eigenen Tränenfluss

Einhalt zu gebieten oder es unserem weinenden Gegenüber entgegenzuhalten.

Sicher, wir wollen trösten. Aber um eine Träne abzuwischen, muss sie zunächst

geweint werden. Das ist der erste Schritt. Als Tröstende sollten wir diesen

Schritt begleiten und dem Weinenden das Gefühl vermitteln, seine Tränen nicht

zurückhalten zu müssen. Ein Bild, das uns der Psalmbeter vor Augen malt, mag

uns dabei helfen: «Sammle meine Tränen in deinen Krug.» (Ps. 56, 9)

Erst in einem zweiten Schritt gilt es, Tränen zu trocknen, nach Lösungen zu

suchen, Perspektiven zu benennen, Hoffnungszeichen zu entdecken. Oder aber

vielleicht auch nur miteinander zu schweigen.

Das alles ist kein billiger Trost, nach dem Motto: "Es wird schon werden!" Gott

verspricht, er lässt Dich nicht schmoren im "Tal der Tränen". Mag sein, dass es

Dir gerade dreckig geht, dass Du im Augenblick kein Licht am Horizont siehst.

Und doch: Gott ist auch in dunkelster Nacht ganz in Deiner Nähe.

Und irgendwann wirst auch Du wieder Licht am Horizont sehen. Das Happy End

allerdings, der Augenblick, an dem Du und ich ganz und gar aus dem "Tal der

Tränen" herauskommen, dieses Happy End, das gibt's erst im Himmel. Dann

wird Gott selbst alle Tränen aus Deinem Gesicht abwischen. Das hat er

versprochen. Und dann wird da nur noch Freude sein.