Adventszeit - Wartezeit

Warten Sie gerne? Ich nicht. Warten langweilt und nervt mich. Wenn ich in der Kasse im Supermarkt anstehe, fällt mir ein, was ich in dieser Zeit schon alles erledigen könnte. Ich stehe auch nicht gerne auf kalten Bahnsteigen herum oder hänge am Telefon in einer Warteschleife, in der mich eine Computerstimme um etwas Geduld bittet. Warten, nein danke! Ich warte nicht gerne – aber ich liebe die Adventszeit! Das erstaunt mich jedes Jahr aufs Neue.

Denn Adventszeit ist Wartezeit und damit für uns moderne Menschen etwas sehr ungewohntes. Wir sind daran gewöhnt, dass Dinge pünktlich und vor allem sofort erledigt werden. Wofür gibt es schließlich all den technischen Schnickschnack, der uns schnellere Wege, schnellere Kommunikation und die schnellere Erfüllung unserer Wünsche garantiert? Dass uns dadurch auch ein schnelleres Leben beschert wird, das manchmal kaum Zeit zum Atmen lässt, übersehen wir meist. Viele von uns haben das Warten-Können verlernt. Alles soll sofort geschehen, sofort erledigt, sofort gekauft und sofort erlebt werden. Die Adventszeit setzt zu dieser Lebenshaltung einen Gegenpol. Sie rechnet damit, dass wir warten. Gott lässt auf sich warten!

Um Warten zu lernen, gibt es in Deutschland seit dem 19. Jahrhundert den schönen Brauch des Adventskalenders. Schon Kinder werden durch ihn in das Warten eingeübt. Und so manch einem fällt dies ganz schön schwer: Immer nur ein Türchen jeden Tag, auch wenn man so gerne wissen würde, was in den anderen steckt. Der Adventskalender der kleinen Schwester bleibt tabu!

Wer diese Regeln beachtet und Geduld hat, erfährt, dass sich das Warten lohnt. Mit jedem sich geöffneten Türchen kommen wir Weihnachten näher. Mit jedem Schokoladenstück und jeder Adventsgeschichte, wächst die Freude auf das und vor allem auf den, der bald kommen wird.

Die Adventszeit lehrt uns das Warten und wir erahnen, dass die Erfüllung des Lebens nicht mal eben nebenbei erledigt werden kann. Das wirklich Wichtige im Leben lässt sich nicht erzwingen. Alles Wesentliche braucht Zeit zum Wachsen und Reifen. Das ganze Leben ist gewissermaßen eine Wartezeit. Umgekehrt gilt aber auch: Es gibt keine Wartezeit im negativen Sinne, weil jede Zeit GottesZeit ist. Jede Zeit ist längst schon gefüllt mit seiner Gegenwart.