Andacht zum Monatsspruch - Mai 2013

Tue deinen Mund auf für den Stummen und für die Sache der Verlassenen.

(Sprüche 31,8)

Folgende Geschichte gefällt mir: Ein Pfau und eine Henne gehen aufs Standesamt um zu heiraten. Fragt der Standesbeamte den Pfau: „Wie können sie denn als Pfau eine Henne heiraten?“ Der Pfau antwortet: „Meine Frau und ich, wir lieben mich über alle Maßen.“ Wer sind WIR?

Der extrovertierte und selbstverliebte Pfau und die nützliche und arbeitsame Henne! Wo stehen wir in unserer Gemeinde oder Kirche, unseren Veranstaltungen, Programmen und Aktionen? Wo stehe ich als Christ?

 

Tauchen wir im Rampenlicht der Öffentlichkeit auf, mit gut platzierten Zeitungsartikeln oder in den Häusern der Vergessenen, der Einsamen, der Abgehängten, der Stummgewordenen, der Schwachen, die ihre eigenen Interessen nicht mehr wahrnehmen können.

Gewiss, ein Widerspruch ist das nicht. Denn beides gehört zusammen: Christen sollen Gutes tun und darüber reden, in der Öffentlichkeit präsent sein, Kontakte zu wichtigen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens halten, in den Zeitungen und in den Nachrichten vorkommen. Doch dies alles, um mit ganzer Hingabe da zu sein für die Menschen auf der Schattenseite unserer Gesellschaft, für die Vergessenen. Sonst wäre es für die, denen man alle Würde genommen hat, alles nur Show.

 

Ebenso verhält es sich mit unserem christlichen Glauben. Wenn der persönliche praktizierte Glaube für sich allein bleibt und nicht sichtbar wird in Wort und Tat, ist es wertloser toter Glaube. Und umgekehrt ebenso: Wenn einer mit größter Hingabe und Aufopferung gute Dinge tut, jedoch nicht in der Verbindung mit dem lebendigen Gott lebt, ist sein Tun ebenso wertlos vor Gott. Beides gehört zusammen. Die Beziehung zum lebendigen Gott in Hören und Beten sowie das Wirksamwerden für die Schwachen in der Gemeinde und Gesellschaft.

 

Als Jesus gefragt wurde, was denn nun das Wichtigste sei, um vor Gott gut

da zustehen, antwortete er (nach Markus 12, 30-31), Gott über alle Dinge und mit ganzer Hingabe zu lieben und unsere Nächsten wie uns selbst zu lieben.

Konkret heißt das in unserem Monatsvers für Mai:

„Tue deinen Mund auf für den Stummen und für die Sache der Verlassenen.“ (Sprüche 31, 8)

Dies ist eine der Ermahnungen der Mutter Lemuels an ihren Sohn. Lemuel ist König von Massa. Also jemand, der viel Verantwortung trägt. Für Verantwortungsträger gibt es oft drei Hauptgefahren, die ihnen zum Fallstrick werden können: sexuelle Abenteuer, Alkohol und Selbstsucht.

Diese weise Mutter weist ihren Sohn Lemuel auf alle drei Gefahren hin. Nicht selten hängen sie miteinander zusammen: wer dem Alkohol zuspricht, kann schnell leichtsinnig werden. Diese Schwäche kann dann einerseits das andere Geschlecht ausnutzen und einen dadurch zu Fall bringen; andererseits ist man selber auch leichter verführbar - weil nicht mehr ganz Herr seiner Sinne. Und erst einmal leichtsinnig geworden, kann es auch schnell passieren, dass man sich selbst pflegt, statt seinen Pflichten bzw. Verpflichteten nachzukommen.

In Gottes Augen ist Macht und Stärke nichts Negatives; solange sie uns nicht dazu verführen, Gott oder den Nächsten zu vergessen.

Eine Schülerin tritt in der Klasse für einen Mitschüler ein, der von anderen

wegen einer Behinderung gehänselt wird. Ein Arbeiter widerspricht im Kreis der Kollegen, als ausländerfeindliche Parolen laut werden. Eine kirchliche Gruppe setzt sich für verfolgte Christen in China ein. Eine pensionierte Lehrerin hilft fremdsprachigen Kindern, Deutsch zu lernen und so hier eine Heimat zu finden.

Oder: Wie sieht es aus mit unserem Einsatz gegen den tausendfachen Mord an Ungeborenen durch Abtreibung und für die betroffenen Kinder und manchmal verzweifelten Mütter?

Oder: Sind wir wirklich sicher, dass jedes Kind ein „Krippenkind“ sein muss? Ist das Schreien der Kleinen bei der Eingewöhnung wirklich immer „ganz normal“? Die Stimmen derer, die das bejahen, höre ich laut und deutlich. Und es gibt sicher manche beachtenswerte Argumente, die dafür sprechen. Aber vielleicht liegt ja auch in dem Schreien der Kinder eine Meinung, die bisher für uns nicht so eindeutig vernehmbar war?

Nehmen wir uns auch des Mannes oder der Frau an, die homosexuell empfindet und heimlich darunter leidet, weil viele behaupten, ihre Neigung sei ganz normal oder andere wiederum sie ausgrenzen? Denn fest steht: Hilfe ist möglich.

Egal, was es ist: Den Mut, den wir für solch ein Eintreten brauchen, verleiht uns Gott selbst. Ebenso den klaren Blick auf die Verhältnisse und Verhaltensweisen um uns herum.

„Tue deinen Mund auf für den Stummen und für die Sache der Verlassenen.“

Das ist keine Kür, es ist unsere Pflicht, unsere Beauftragung. Hier ist der Herzschlag der Gemeinde Jesu und der Christen zu spüren.

Ich wünsche Euch Gottes Segen, offene Augen, ein mitfühlendes Herz und viel Kreativität bei der Umsetzung des Gotteswillens.

Und...

Ich wünsche Euch, die Ihr stumm geworden seid, die Ihr durch Ungerechtigkeit, schwere Lebensführungen und Not nur noch schweigen könnt, die Ihr zu schwach seid, um sich selber zu helfen, den Mut mit Gott zu reden.

Sucht den Kontakt zu einem Gemeindeglied und zu unserer Gemeinde, kommt in unsere Gottesdienste, sprecht uns an, um zu erfahren, dass es Wege heraus aus der Not gibt. Und redet mit Gott, betet.